Zwei interessante Arbeiten beleuchten die Rolle von Vulkanen auf die erste Hälfte des 19. Jh., der letzten Phase der Kleinen Eiszeit, in der das Klima nach einer etwas wärmeren Zeit um 1800 nochmals deutlich abkühlte. Der Ausbruch des Tambora (Indonesien) im April 1815 war ja als Faktor bereits bekannt (siehe auch 1816 - das Jahr ohne Sommer: Nachlese des Vortrags vom 15. Oktober), doch eine neue Attributionsstudie (eine Studie, die die zugrundeliegende Faktoren für Klimaereignisse klärt) zeigt nun, dass der Vulkan eindeutig für das kalte Wetter in Europa im "Jahr ohne Sommer" (1816) verantwortlich war. Doch auch mehrere weitere größere tropische Vulkanausbrüche waren für Endphase der Kleinen Eiszeit bestimmend. Viel Spaß beim Lesen!

Ausbruch des Tambora auf das Jahr ohne Sommer 1816 genauer geklärt

Das Jahr 1816 war weltweit vermutlich das kälteste der letzten 250 Jahre. In Europa war der Sommer besonders kalt und niederschlagsreich, weshalb es als "Jahr ohne Sommer" bekannt ist. Missernten führten zu sozialen Krisen. Als wichtiger Faktor galt seit langem der Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien im April 1815, dessen Asche und Aerosole sich in der Stratosphäre weltweit verbreiteten und über Jahre hinweg das Sonnenlicht schwächten. In einer Attributionsstudie haben Schurer und Kollegen mithilfe von frühen Beobachtungsdaten und Klimamodellrechnungen die Rolle des Vulkans genauer untersucht. Eine Auswahl anderer Jahre mit ähnlichen Luftdruckmustern zeigt, dass schon die normalen Wettermuster im Prinzip die hohen Niederschläge erklären können, die kalten Temperaturen jedoch nur etwa zu einem Viertel. Der Tambora-Ausbruch machte die beobachteten tiefen Temperaturen etwa 100-mal so wahrscheinlich gegenüber Modellrechnungen ohne Vulkanausbruch, und die hohen Niederschläge wurden etwa 1,5- bis 3-mal so wahrscheinlich.

  • Schurer, Andrew P, Gabriele C Hegerl, Jürg Luterbacher, Stefan Brönnimann, Tim Cowan, Simon F B Tett, Davide Zanchettin, und Claudia Timmreck. „Disentangling the causes of the 1816 European year without a summer“. Environmental Research Letters 14, Nr. 9 (17. September 2019): 094019. https://doi.org/10.1088/1748-9326/ab3a10.

Vulkane trieben die letzte Phase der Kleinen Eiszeit

Die Abkühlung in der ersten Hälfte des 19. Jh., der letzten Phase der Kleinen Eiszeit (um 1400 bis 1850), geht auf eine Reihe größerer tropischer Vulkanausbrüche zurück. Dies zeigt eine umfangreiche Analyse von Klimarekonstruktionen anhand von Klimaindikatoren und frühen instrumentellen Messungen, verbunden mit Modellstudien. Nach einer (für die Kleine Eiszeit) relativ warmen Phase um 1800 kühlte das Klima wieder deutlich ab; zugleich fanden mehrere Vulkanausbrüche statt. Die Folgen des Ausbruchs des Tambora 1815 waren bereits mehrfach untersucht worden; doch andere Ausbrüche hatten bisher weniger Beachtung gefunden: Gulanggung (Java) 1822, Cosigüina (Nicaragua) 1835 sowie Ausbrüche 1808 oder 1809 und 1831, deren Ausbruchsorte noch nicht identifiziert sind, die man aber aus Sulfatschichten in Gletschereisbohrkernen kennt. Die neue Studie zeigt nun, dass die Sommer auf der Nordhalbkugel in den 2 bis 3 Jahren nach jedem Ausbruch um durchschnittlich 0,5°C kühler waren, gefolgt von einer mehrjährigen deutlichen Abkühlung, die auch die Ozeane (die wegen ihrer hohen Wärmekapazität langsamer reagieren) betrafen. Unter anderem schwächte sich dabei das Monsunsystem ab, was zu zwei Jahrzehnten Dürre in Afrika führte, und im Nordatlantik verlagerte sich die Bahn der Tiefdruckgebiete nach Süden. Europa erlebte kühlere Temperaturen und stärkere Niederschläge; damals wuchsen auch die Alpengletscher zum letzten Mal. Ab etwa 1850 ging das Ende dieser vulkanischen Abkühlungsphase in die beginnende anthropogene Erwärmung durch die Industrialisierung über. Diese Forschungen sind daher auch relevant für die politischen Ziele, die zukünftige Erwärmung auf 1,5°C bzw. 2°C gegenüber dem "vorindustriellen" Wert zu begrenzen, da es schwierig ist, einen eindeutigen "vorindustriellen" Wert zu bestimmen.

  • Brönnimann, Stefan, Jörg Franke, Samuel U. Nussbaumer, Heinz J. Zumbühl, Daniel Steiner, Mathias Trachsel, Gabriele C. Hegerl, u. a. „Last Phase of the Little Ice Age Forced by Volcanic Eruptions“. Nature Geoscience 12, Nr. 8 (August 2019): 650–56. https://doi.org/10.1038/s41561-019-0402-y.

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