Dürren sind eine der Witterungserscheinungen, die besonders in agrarischen Gesellschaften eine enorme Rolle spielten. Was wissen wir aus historischen Quellen über Dürren der Vergangenheit? Der diesmalige Monatsrückblick beruht auf einem Sonderband der Fachzeitschrift Climate of the Past zu diesem Themenkomplex. Viel Spaß beim Lesen!
Dürren aus dokumentarischen Aufzeichnungen: Sonderband von Climate of the Past
Dürren gehören zu den auffälligsten Klimaerscheinungen, die das Leben der Menschen erheblich beeinflussen, etwa durch Missernten in der Landwirtschaft. Daher wurden sie auch in Zeiten vor der instrumentellen Wetterbeobachtung oft in Chroniken festgehalten. Die Fachzeitschrift Climate of the Past veröffentlicht derzeit einen Sonderband über Dürren im Laufe der Jahrhunderte, der speziell die Frage stellt, was historische Dokumente über die Veränderlichkeit und Stärke von Dürren und die Reaktionen von Mensch und Gesellschaft mitteilen. Bisher wurden vier Artikel veröffentlicht; in den nächsten Monaten dürften aber mehr hinzukommen. Ein Übersichtsartikel (Brázdil et al 2018) diskutiert allgemein den derzeitigen Kenntnisstand, zwei Artikel (Brázdil et al 2018, Mikšovský 2018) beschäftigen sich mit Dürren in Tschechien, und ein weiterer Artikel (Tejedor 2018) analysiert Bittgottesdienste in Spanien.
- Brazdil, R., A. Kiss, G. Blöschl, S. Grab, und Jürg Luterbacher, Hrsg. „Special Issue: Droughts over centuries: what can documentary evidence tell us about drought variability, severity and human responses?“ Climate of the Past, 1. Februar 2018. https://www.clim-past.net/special_issue954.html.
Historische Berichte von Dürren: der weltweite Stand der Forschung
Als Teil des Sonderbands "Droughts over centuries" der Fachzeitschrift Climate of the Past geben Rudolf Brázdil und Kollegen einen Überblick über dokumentarische Quellen zu historischen Dürren. Ein weites Spektrum von historischen Dokumenten aus der ganzen Welt kann Hinweise auf das Wetter enthalten, von expliziten Berichten wie Annalen, Chroniken, persönlichen Tagebücher, Reiseberichten oder administrative Aufzeichnungen von weltlichen oder religiösen Institutionen hin zu eher informellen Quellen wie Volksliedern; in jüngeren Zeiten kamen systematische instrumentelle Wetterbeobachtungen hinzu. Sie lassen sich auf wichtige Dürreindikatoren auswerten, sodass wir heute einige Datensätze haben, die die Niederschläge sowie die Häufigkeit und Stärke von Dürren in verschiedenen Regionen wiedergeben.
- Brázdil, Rudolf, Andrea Kiss, Jürg Luterbacher, David J. Nash, und Ladislava Řezníčková. „Documentary Data and the Study of the Past Droughts: An Overview of the State of the Art Worldwide“. Climate of the Past Discussions, 4. September 2018, 1–67. https://doi.org/10.5194/cp-2018-118.
Was beeinflusst Dürren in Tschechien über lange Zeiträume?
Jiří Mikšovský und Kollegen haben Zeitreihen von mehreren Dürreindizes für Tschechien von 1501 bis 2006 analysiert und mit möglichen globalen Klimaantrieben korreliert. Demnach könnten die Atlantische Multidekaden-Oszillation (AMO) und die Pazifische Dekaden-Oszillation (PDO) - also periodische Klimaschwankungen im Atlantik bzw. Pazifik - mögliche Antriebe für die Variabilität von Dürren über Jahrzehnte darstellen. Kältere und feuchtere Perioden folgten zudem auf große Vulkanausbrüche, aber ein Zusammenhang von Dürren in Tschechien mit der Sonnenaktivität wurde nicht gefunden.
- Mikšovský, Jiří, Rudolf Brázdil, Miroslav Trnka, und Petr Pišoft. „Long-Term Variability of Droughts in the Czech Lands and Large-Scale Climate Drivers“. Climate of the Past Discussions, 30. Mai 2018, 1–28. https://doi.org/10.5194/cp-2018-61.
Dürren in Tschechien in vorindustrieller Zeit
In den tschechischen Ländern gibt es besonders umfangreiche historische Quellen, die Auskunft über Dürren in vorindustrieller Zeit (etwa vom 12. bis 18. Jh.) geben. Für 1501-2017 lassen sich sogar jahreszeitliche Zeitreihen verschiedener Dürreindizes rekonstruieren. Demnach sind extreme Dürren (also Dürren mit einer Wiederkehrperiode von über 20 Jahren) typischerweise mit einer Hochdrucklage über Europa bei Tiefdruck über Teilen des Nordatlantiks verbunden. Die Autoren fassen zudem einige zeitgenössissche Berichte über die menschlichen Folgen einiger sehr extremer Dürren des gesamten Sommerhalbjahrs (1536, 1540, 1590, 1616, 1631, 1727, 1728) sowie im Frühling (1571, 1603, 1638, 1683, 1686, 1779, 1794, 1800), Sommer (1630, 1684, 1746) und Herbst (1548, 1605, 1634, 1680, 1686) zusammen.
- Brázdil, Rudolf, Petr Dobrovolný, Miroslav Trnka, Ladislava Řezníčková, Lukáš Dolák, und Oldřich Kotyza. „Extreme Droughts and Human Responses to Them: The Czech Lands in the Pre-Instrumental Period“. Climate of the Past Discussions, 16. Oktober 2018, 1–38. https://doi.org/10.5194/cp-2018-135.
Rekonstruktion von Dürren in Spanien 1650-1899 aus Bittgottesdiensten
Im katholischen Spanien war es üblich, bei Trockenheit Bittgottesdienste abzuhalten. Ernesto Tejedor und Kollegen haben nun Kirchenarchive aus 13 Städten im nordöstlichen Spanien ab dem Jahr 1500 ausgewertet; zwischen 1650 und 1899 sind die Aufzeichnungen vollständig genug, um Auftreten von Dürren zu rekonstruieren. Demnach gab es mehrere längere Trockenheitsperioden sowie extreme Dürren in den Jahren 1691, 1753, 1775, 1798 und 1817, die wohl auf blockierende Hochdrucklagen zurückgehen. Die statistische Auswertung zeigt zudem, dass das Jahr nach großen Vulkanausbrüchen weniger trocken ist; dies dürfte auf die vulkanischen Abkühlung zurpckgehen, die die Verdunstung verringert und die Bodenfeuchtigkeit erhöht. Nach dem Ausbruch des Tambora (1815) war außerdem jedoch das zweite Jahr 1817 extrem trocken.
- Tejedor, Ernesto, Martín de Luis, Mariano Barriendos, José María Cuadrat, Jürg Luterbacher, und Miguel Ángel Saz. „Rogation Ceremonies: Key to Understand Past Drought Variability in Northeastern Spain since 1650“. Climate of the Past Discussions, 18. Juni 2018, 1–22. https://doi.org/10.5194/cp-2018-67.
Hinweis
Bitte beachten: In diesem Rundblick geht es vor allem um die schnelle Information. Daher sind einige Zusammenfassung recht technisch und erklären nicht alles in verständlicher Form, und teils habe ich noch nicht alle Artikel im Detail durchgearbeitet. Fehler und Unklarheiten bitte ich daher zu entschuldigen und freue mich über entsprechende Hinweise und Kommentare.