Mehrere interessante Klimarekonstruktionen gibt es diesen Monat - zum klimatischen Kontext der Auswanderung des modernen Menschen aus Afrika, der Austrocknung der Sahara nach der Eiszeit, der Klimaentwicklung im Balkan praktisch seit Ende der Eiszeit und zu den Auswirkungen der globalen Dürre vor 4200 Jahren in den Rocky Mountains. Spannend ist auch eine Rekonstruktion der alpinen Gletscher in der Schweiz aus alten Karten. Viel Spaß beim Lesen!

Klimatischer Kontext der Out-of-Africa-Migration

Klimatische Veränderungen im Pleistozän gelten als ein Treiber für die Ausbreitung des anatomisch modernen Menschen aus Afrika vor rund 65.000-55.000 Jahren. Eine neue Rekonstruktion von Temperaturen und Trockenheit am Horn von Afrika in den letzten 200.000 Jahren aus marinen Sedimentkernen gibt nun weitere Informationen über den klimatischen Kontext. Warme und feuchte Verhältnisse vor etwa 120.000-90.000 Jahren könnten demnach frühe, archäologisch belegte Migrationswellen nach Arabien und die Levante gefördert haben. Die Hauptmigration, nach genetischen Studien vor 65.000-55.000 Jahren, fand jedoch in kühlen trockenen Zeiten statt. Der Zusammenhang zwischen Klima und Migration ist also komplex.

  • Tierney, Jessica E., Peter B. deMenocal, und Paul D. Zander. „A Climatic Context for the Out-of-Africa Migration“. Geology, 2. Oktober 2017. doi:10.1130/G39457.1.

Austrocknung der Sahara nach der Eiszeit mit starken Fluktuationen

Die Sahara war bis vor etwa 10.000 Jahre eine grüne Savanne mit vielen Wasserläufen. Vor 4700 Jahren hatte sie sich zur Wüste gewandelt. Der Übergang war jedoch nicht kontinuierlich, vielmehr schwankte das Klima mehrfach über Zeiten von etwa einem Jahrtausend zwischen den beiden Zuständen hin und her. Dies zeigen Bohrkerne aus einem marokkanischen See, in dem der aus dem Süden eingewehte Staub mindestens acht Mal abrupt zunahm.

  • Zielhofer, Christoph, Hans von Suchodoletz, William J. Fletcher, Birgit Schneider, Elisabeth Dietze, Michael Schlegel, Kerstin Schepanski, Bernhard Weninger, Steffen Mischke, und Abdeslam Mikdad. „Millennial-scale fluctuations in Saharan dust supply across the decline of the African Humid Period“. Quaternary Science Reviews 171, Nr. Supplement C (1. September 2017): 119–35. doi:10.1016/j.quascirev.2017.07.010.
  • Podbregar, Nadja. „Sahara ‚schaukelte‘ sich zur Wüste“. Scinexx, 20. Juli 2017. http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-21677-2017-07-20.html.

Dürre und Vegetationsänderungen in den Rocky Mountains um das 4,2-Kilojahr-Ereignis

Im Rahmen des weltweiten Klimaereignisses vor 4200 Jahren kam es in den Rocky Mountains zu einer 150 Jahre anhaltenden Dürre, wie Pollenanalysen aus Sedimenten des Long Lake (Wyoming) zeigen. Analysen mit einer Moderne-Analog-Methode geben Einsichten in die zugrundeliegenden Klimamechanismen. Sie beruht auf der Bestimmung von "moderne Analogen", also extremen Wetterlagen der heutigen Zeit, die zu den damaligen Daten passen. Die Ergebnisse deuten an, dass ungewöhnlich hoher Luftdruck über den Great Plains im Sommerhalbjahr den Transport feuchter Luft aus dem Golf von Mexiko unterdrückte.

  • Carter, V. A., und J. Shinker. „Drought and vegetation change in the central Rocky Mountains: Potential climatic mechanisms associated with the mega drought at 4200 cal yr BP“. Clim. Past Discuss. 2017 (29. September 2017): 1–26. doi:10.5194/cp-2017-107.

Klimarekonstruktion für den südlichen Balkan der letzten 12.500 Jahre

Eine neue Analyse von Sedimenten des Dojransees (an der griechisch-mazedonischen Grenze) liefert eine neue hochauflösende Klimarekonstruktion des südlichen Balkangebietes der letzten 12.500 Jahre. Waldvegetation beginnt um 11.500 Jahre vor heute und etabliert sich im Laufe einiger Jahrtausende. Der menschliche Einfluss ist erstmals ab 5000 vor heute erkennbar, und klar und kontinuierlich ab 4000 vor heute, etwa durch Pollen von Getreidearten und zunehmende Nährstoffe im Wasser durch Viehhaltung. Auch die Römerzeit ab etwa 2000 vor heute hinterließ ein deutliches Signal.

  • Masi, A., A. Francke, C. Pepe, M. Thienemann, B. Wagner, und L. Sadori. „Vegetation history and palaeoclimate at Lake Dojran (FYROM/Greece) during the Late Glacial and Holocene“. Clim. Past Discuss. 2017 (29. September 2017): 1–25. doi:10.5194/cp-2017-114.

Ausdehnung der Gletscher in den Schweizer Alpen seit Ende der Kleinen Eiszeit

Daphné Freudiger und Kollegen haben die Ausdehnung von Gletschern auf historischen topografischen Karten der Schweizer Alpen, die sogenannten Siegfriedkarten, analysiert. Diese Kartensätze wurden erstmals 1878-1918 (überwiegend um 1900) veröffentlicht und dann bis 1949 (überwiegend um 1935) weitergeführt. Diese neue Rekonstruktion füllt eine wichtige Lücke zwischen Luftbildaufnamen, die erst ab 1973 die Alpen völlig abdecken, und viel älteren geomorphologischen Daten.

  • Freudiger, Daphné, David Mennekes, Jan Seibert, und Markus Weiler. „Historical Glacier Outlines from Digitized Topographic Maps of the Swiss Alps“. Earth System Science Data Discussions, 4. August 2017, 1–13. doi:10.5194/essd-2017-75.

Hinweis

Bitte beachten: Ich habe noch nicht alle diese Artikel sorgfältig gelesen; in diesem Rundblick geht es vor allem um die schnelle Information. Fehler und Unklarheiten bitte ich daher zu entschuldigen und freue mich über entsprechende Hinweise und Kommentare.